ERICH OHSER
Kurzbiografie von Erich Ohser alias e.o.plauen
Erich Ohser wird am 18. März 1903 im Vogtland geboren. 1907 zieht die Familie nach Plauen. Im Alter von 17 Jahren geht Ohser nach Leipzig, um an der Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe zu studieren. In den 1920er-Jahren arbeitet er als Buchillustrator, Karikaturist und Schnellzeichner und lernt seine späteren Freunde und Kollegen Erich Knauf und Erich Kästner kennen. 1930 heiratet Ohser seine Studienkollegin Marigard Bantzer, ein Jahr später wird Sohn Christian geboren. Mit der Machtergreifung Hitlers beginnt eine neue Zeit: Bei den Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 fallen auch Werke Kästners mit Illustrationen Ohsers den Flammen zum Opfer. Im Jahr 1934 wird Ohsers Antrag zur Aufnahme in die Reichspressekammer abgelehnt, was einem Berufsverbot gleichkommt. Es ist nun Marigard Ohser, die die Familie durch ihre graphischen Arbeiten ernährt. Mit der zum Ullstein-Verlag gehörenden „Berliner Illustrirten (sic!) Zeitung“ ergibt sich dann aber eine neue Chance für Ohser: Die Bildgestalten „Vater und Sohn“ werden geboren und zu Protagonisten einer Zeichenserie. Bis zum Dezember 1937 begeistert Ohser mit den Bildgeschichten unter seinem Pseudonym e.o.plauen (Erich Ohser aus Plauen) ein Millionenpublikum. Im Jahre 1940 nimmt er den Auftrag an, für die NSDAP-Wochenzeitung „Das Reich“ zu arbeiten. Bis 1944 karikiert Ohser die Kriegsgegner Deutschlands, umgeht jedoch Aufträge mit antisemitischer Aussage. Seine reichskritische Haltung wird Ohser wie auch seinem Freund Erich Knauf schließlich zum Verhängnis: Ohser, Zeit seines Lebens schwerhörig, wird von einem Nachbarn bei einem zu laut geführten Gespräch mit Knauf im Luftschutzkeller belauscht und denunziert, die Verhaftung der beiden erfolgt am 28. März 1944. Goebbels persönlich setzt den berüchtigten Roland Freisler für die Durchführung des Verfahrens ein und drängt auf einen schnellen und harten Abschluss der Gerichtsverhandlung. Die Hauptverhandlung vor dem Volksgerichtshof wird für den 6. April 1944 angesetzt. In der Nacht zuvor begeht Ohser Selbstmord. In einem Abschiedsbrief nimmt er alle Schuld auf sich, um Knauf zu entlasten. Sein Freund wird jedoch zum Tode verurteilt und am 2. Mai 1944 hingerichtet. Die künstlerische Arbeit von Erich Ohser umfasst ein breites Spektrum auch über „Vater und Sohn“ hinaus: So gehören Porträts, Aktzeichnungen, Landschafts- und Tierstudien und politische wie unpolitische Karikaturen zu seinem Werk.
Zeichnungen und Illustrationen
Zeichnungen
Als Erich Ohser mit knapp 23 Jahren die Leipziger Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe verlässt und nach Berlin zieht, entwickelt er sich in den wenigen Jahren bis zu seinem Berufsverbot zu einem anerkannten Künstler. Weitgehend unabhängig von den stilistischen Strömungen seiner Zeit, bildet er eine eigene charakteristische Handschrift aus. Sowohl vom Expressionismus als auch von der Neuen Sachlichkeit angeregt, versteht es Ohser dank seiner Fähigkeiten zum genauen Beobachten und zur subtilen Umsetzung des Wahrgenommenen, eine individuelle Bildsprache zu entwickeln. Die Spannweite seiner künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten in der eindringlichen Schilderung der Umwelt zeigt sich besonders in seinen freien Arbeiten. Diese lassen sich in vier Gruppen unterteilen: in Aktzeichnungen, Einzel- und Gruppenporträts, Tierdarstellungen und Landschaftsstudien.
Illustrationen
In den Jahren um 1930 erlebt Erich Ohser seinen künstlerischen Durchbruch. Angeregt durch das Leben in Berlin und zahlreiche Reisen entwickelt er eine Produktivität, die sich nicht nur in einer fast unüberschaubaren Zahl von Studien und Skizzen zeigt, sondern sich auch vermehrt in Auftragsarbeiten niederschlägt. Mit den Illustrationen für „Die Stiefel des Zaren“ von Michail Soschtschenko entsteht Ohsers unbestritten beste graphische Arbeit. Während die Originale dieser Bildfolge nahezu vollständig erhalten sind, erschließen sich uns die übrigen Illustrationen heute nur durch die Erstdrucke in Broschüren und Büchern.
Politische Karikaturen
Während der Weimarer Republik
In einer Nacht- und Nebel-Aktion verbrennen Erich Ohser und sein Freund Erich Knauf in ihrem Schrebergarten sämtliche Originalzeichnungen, die als Karikaturen in verschiedenen Zeitungen und Magazinen erschienen sind: unter anderem in den politisch liberalen Magazinen „Neue Revue“ und „Querschnitt“, aber auch im sozialdemokratischen „Vorwärts“. Ohsers Zeichnungen, die auf Spießertum, Militär, Beamtentum und den erstarkenden Nationalsozialismus zielen, bringen ihm ein Berufsverbot und die Abneigung von Joseph Goebbels ein, der die Schmähungen Ohsers nicht vergessen wird.
Während der Zeit des Nationalsozialismus
Von 1929 bis 1933 publiziert Ohser regelmäßig im sozialdemokratischen „Vorwärts“. Aggressiv klagt er die KPD der Kollaboration mit den Nationalsozialisten an. Zehn Jahre später – von 1940 bis 1944 – arbeitet er selbst für letztere. Unter dem Pseudonym e.o.plauen veröffentlicht er regelmäßig politische Zeichnungen in der Wochenzeitung „Das Reich“ , deren Leitartikler der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Joseph Goebbels ist.
Als Ende der 1930er-Jahre das gesamte Zeitungswesen von der NSDAP kontrolliert wird, erkennen weitsichtige Funktionäre die Gefahren der Langeweile und Gleichförmigkeit einer gleichgeschalteten Presse. Gesucht werden daher Redakteure und Zeichner, die eine neue Zeitung gestalten können: „Die Zeitung soll nicht eine unter vielen Zeitungen und Zeitschriften, sondern sie soll die führende große politische deutsche Wochenzeitung sein, die das Deutsche Reich für In- und Ausland gleich wirksam und eindringlich publizistisch repräsentiert“, schreibt der NS-Reichsleiter für die Presse, Max Amann, am 30. Juni 1940 in einem Rundbrief an die NS-Prominenz. Ende Mai 1940 erscheint die neue Wochenzeitung, die sich an ein bürgerliches Publikum wendet, das der offiziellen Parteipropaganda überdrüssig ist. Für „Das Reich“ arbeiten die besten Journalisten der 1930er- und 1940er-Jahre, die nach dem Krieg die Medien der Bundesrepublik bestimmen sollten. Im Feuilleton schreiben der spätere Bundespräsident Theodor Heuss, der Germanist Benno v. Wiese, der Physiker Max Planck, der Historiker Ernst Schnabel oder Werner Höfer, später WDR-Fernsehdirektor. Wolfgang Koeppen ist mit einer Rezension vertreten. H.E. Köhler, der mit „Erik“ signiert, und Erich Ohser alias e.o.plauen zeichnen die politischen Karikaturen. Bis kurz vor seiner Verhaftung im März 1944 veröffentlicht e.o.plauen wöchentlich mehrere Arbeiten. Bis zu acht bissige Karikaturen der militärischen Gegner Deutschlands bilden die künstlerische Begleitung e.o.plauens zu den Aufmarschplänen und strategischen Karten der Obersten Heeresleitung, die die andere Hälfte der Seite füllen. Plauen hat die gleichen Illusionen wie seine bekannten schreibenden Kollegen. Man glaubt, zwischen den Zeilen die Wahrheit sagen zu können, durch „Rückversicherungen“ die Kontrollinstanzen zu überwinden und dennoch den wachsamen Leser zu informieren …